People Pleaser

Was ist People Pleasing?

People Pleasing, zu deutsch „Menschen gefallen“, ist ein Verhaltensmuster, in dem der People Pleaser (jedes Geschlecht ist möglich) mitunter unbewusst so sehr versucht, die Erwartungen anderer Menschen zu erfüllen, dass er*sie selbst dabei auf der Strecke bleibt. Das Muster kann so ausgeprägt sein, dass People Pleaser ihre eigenen Bedürfnisse und Gefühle weniger bis gar nicht spüren, wenn sie nicht allein sind. Das hat Auswirkungen auf den Kontakt zu sich selbst und zu anderen, auf die Fähigkeit authentisch zu leben, für die eigenen Bedürfnisse einzustehen und das eigene Leben so zu gestalten, dass es sich für einen selbst stimmig anfühlt.

Wie entsteht People Pleasing?

Wie viele Verhaltensmuster kann People Pleasing aus einer andauernden Notsituation heraus entstanden sein, oft in der Kindheit, in der es kritisch notwendig war, sich anzupassen, die Bedürfnisse der Bezugspersonen zu erfüllen, sie bei Laune zu halten, damit sie nicht ausrasten, oder nicht aufzufallen.

Eine Erziehung, die darauf abzielt, dass das Kind immer tut, was andere oder die Eltern von ihm wollen, und welche die Bedürfnisse und Gefühle des Kindes oft ignoriert, kann eine Ursache sein.

In diesem Fall sind die Eltern nicht fähig zu verzeihen, jähzornig, akzeptieren keine Abweichung, interessieren sich nicht dafür was das Kind will oder vergeben Liebe und Zuwendung nach Leistungserbringung oder Angepasstheit des Kindes.

Eine andere Möglichkeit ist, dass ein Elternteil depressiv war, diese Depression für das Kind belastend war, und das Kind dem depressiven Elternteil nicht noch mehr zumuten wollte, indem es auch noch Bedürfnisse, Wünsche oder Widerspruch an das Elternteil heranträgt.

Im weiteren Verlauf des Lebens geraten Menschen mit ihrer im Kindesalter geprägten Psychostruktur dann auch noch in Machtverhältnisse, die je nach Lebenslage mehr oder weniger ausgeprägt und mehr oder weniger durch Korrektive ausgeglichen sein können. Solche Korrektiven bilden beispielsweise Menschen, die für einen einstehen, Beschwerdemöglichkeiten oder ein auffangendes Netzwerk. Machtverhältnisse wie strenge Lehrer, egozentrische Vorgesetzte, Chefs und auch Partner in Kombination mit eigenen prekären Lebensverhältnissen können die vorgeprägte Psychostruktur des People Pleasers verfestigen. Das Verhalten wird dann zu einer Gewohnheit, zumindest in Situationen, die der auslösenden Situation ähnlich sind.

Wie fühlt es sich an, ein People Pleaser zu sein?

Menschen, die People Pleasing betreiben, zeichnen sich durch eine besonders große Angst vor Konflikten aus.

Sie haben Schwierigkeiten damit, „nein“ zu sagen, sagen oft automatisch „ja“ wenn jemand eine Bitte an sie heran trägt, obwohl sie eigentlich keine Lust oder keine Zeit dazu haben. Kurz darauf bereuen sie ihre Zusage schon, ihnen ist es aber zu peinlich, einen Rückzieher zu machen.

Ihr Verpflichtungsgefühl ist stark ausgeprägt, dafür umso weniger Ihr Gefühl für das, was sie selbst wollen. Das kann im extremen Fall dazu führen, dass die Welt für sie gefühlt nur aus belastenden Verpflichtungen besteht, eine andere Welt ist jedoch nicht denkbar. Sie haben das Gefühl, keine Wahl zu haben.

Sie pflegen Härte zu sich selbst und Perfektionismus. Sie sagen dass es ihnen gut geht, wenn es ihnen in Wahrheit schlecht geht, um ihr Umfeld nicht mit Ihrer Befindlichkeit zu belasten und um die Konflikte, wegen denen es ihnen schlecht geht, nicht offenbaren zu müssen.

Vielleicht hat man sogar eine klare innere Stimme, die einem sagt, man will das nicht, obwohl man nach Außen „ja“ sagt. Viele People Pleaser hören ihre innere Stimme viel leiser oder gar nicht mehr solange sie nicht allein sind.

Wenn es jemandem schlecht geht, denken sie, sie seien dafür verantwortlich, dass es dem Anderen wieder gut geht. Sie haben viel Mitleid mit anderen Menschen.

Hat der People Pleaser auch gute Seiten?

Aus der Perspektive der Anderen: Ja, er ist empathisch mit Anderen und achtet auf die Bedürfnisse der Mitmenschen, spielt sich nicht in den Vordergrund, ist hilfsbereit. Aber um welchen Preis?

Wie sind People Pleaser in Beziehungen?

People Pleasern kann es passieren, dass sie in einer Beziehung bleiben, die sie selbst nicht mehr möchten, weil sie glauben, der*die andere würde ohne sie nicht zurecht kommen.

Sie priorisieren alle anderen vor sich selbst und werden auf Dauer unzufrieden, wenn ihre Beziehungspartner ihre Bedürfnisse nicht erahnen und von sich aus erfüllen. Über die Zeit kann sich viel Frust anstauen, der zu Verbitterung führen kann.

Gebraucht zu werden macht die eigene Wichtigkeit aus, insbesondere wenn das eigene Selbstwertgefühl gering ist.

People Pleaser und Sex

Wenn People Pleaser auch in der Sexualität versuchen, es vor allem ihren Partner*innen recht zu machen und zu wenig über eigene Wünsche und Bedürfnisse sprechen, kann das zu Überdruss, Resignation und Lustlosigkeit oder anderen sexuellen Funktionsstörungen führen. Wahrscheinlich macht die People Pleaser Person mehr unangenehme sexuelle Erfahrungen und weniger erfüllende Erfahrungen als Menschen, die leicht ihre Grenzen und Wünsche vertreten können. Ein häufige Folge sich unstimmig anfühlender Sexualität ist Lustlosigkeit.

Am Anfang steht vielleicht der Wunsch, den*die Partner*in für sich zu gewinnen, indem man alles tut, was er*sie möchte. Man ist vielleicht experimentierfreudig und lässt sich auf etwas ein, das man noch nie versucht hat. An sich ist Experimentierfreude eine gute Sache. Mal angenommen, man macht eine Praxis wiederholt und findet keine Freude daran. Dann gibt es die Möglichkeit, dass es trotzdem – gefühlt und authentisch – okay ist, es für die andere Person zu tun. Und es gibt die Möglichkeit, dass es jedes Mal unangenehm ist und man auf dieses unangenehme Gefühl auch nicht steht. Wenn man nun wiederholt feststellt, dass einem nicht gefällt, was man für den Partner tut oder wie man es tut, man aber trotzdem nicht darüber redet, nicht versucht es anzupassen und es weiter macht wie bisher, dann wird es kritisch. Denn dann konditioniert man eine Praxis, die eigentlich Spaß machen sollte, mit einem unangenehmen Gefühl. Dieses unangenehme Gefühl kann sich zu einer ausgeprägten Abneigung und einem Ekel entwickeln, was sich von der Sexualpraxis auf den ganzen Körper des Partners * der Partnerin und seine*ihre Person generalisieren kann.

Werden die Gefühle der Abneigung verdrängt und die Praxis weiterhin fortgeführt, kann es passieren, dass ein Körper die Funktion der Grenzziehung übernimmt, da die Grenzen von einer Person verbal nicht gesetzt werden oder die Grenzsetzung vom Partner übergangen wird. So kommt es zu Einschränkungen der „sexuellen Funktion“ des Penis durch Erektionsstörung und der „sexuellen Funktion“ der Vagina durch Vaginismus (Vaginalverschluss / Vaginalkrampf), Trockenheit oder Schmerzen. Interessanterweise kann auch der Körper der einen Person die mangelnde Grenzziehung der anderen Person ausgleichen. Zum Beispiel bei einem heterosexuellen Paar kann es vorkommen, dass der Mann durch eine Erektionsstörung ausgleicht, dass die Frau ihre Grenzen nicht wahren kann. Der Mann ist dann der Symptomträger für ein gestörtes System, nämlich die sexuelle Beziehung der beiden.

Wie kann man selbst aufhören mit dem People Pleasing?

Inventur:

Vielleicht sind Sie sich noch nicht sicher, ob Sie ein People Pleaser sind und ob Sie das ändern möchten. Um das heraus zu finden, helfen Ihnen die folgenden Inventur-Fragen:

In welchen Lebensbereichen versuche ich etwas zu bekommen, ohne es explizit zu sagen?

Was erwarte ich als Gegenleistung für meine Freundlichkeit?

Wie geht es mir damit, wenn ich diese Gegenleistung nicht bekomme?

Bin ich anders in Gruppen als ich bin, wenn ich allein bin oder mit Leuten, vor denen ich mich nicht beweisen will? (Eine Maske aufsetzen)

Was gebe ich gern, unabhängig vom Empfänger und der Situation, als Charaktereigenschaft von mir? (Zum Beispiel Leute zum Lachen bringen)

Was gebe ich, obwohl mir nicht danach ist, weil ich denke, ich sollte das tun?

Den eigenen Selbstwert pflegen:

Wenn Sie ein ausgeprägter People Pleaser sind, wird folgende Frage für Sie ungewohnt sein:

Was macht, dass ich mich gut fühle, ohne etwas für Andere zu tun?

Es ist empfehlenswert, dass Sie sich für diese Frage Zeit nehmen und alles aufschreiben, was Ihnen dazu einfällt, und dass Sie anschließend einige Dinge auswählen, die Sie umsetzen möchten und das auch tun.

Ein unterstützendes Umfeld:

Identität und Selbstbild entwickeln sich im Kontakt mit anderen Menschen. Für den Anfang ist es sinnvoll, Ihre neue Identität als Nicht-People-Pleaser in einem Umfeld zu üben, in dem Ihnen das leicht fällt. Fragen Sie sich: Mit welchen Menschen fühle ich mich gut, ohne etwas für sie tun zu müssen? Und dann verbringen Sie mehr Zeit mit diesen Menschen und achten darauf, wie es sich anfühlt.

Eine neue Perspektive bewusst einnehmen:

Wenn Sie für sich erkannt haben, dass Sie ein People Pleaser sind, können Sie sich klar machen, dass die Menschen, die heute um Sie herum sind, anders sind als die Menschen aus Ihrer Kindheit, die das People Pleaser Syndrom ausgelöst haben. Sie werden nicht explodieren. Falls Sie doch explodieren, sind Sie inzwischen in der Position, damit anders umgehen zu können. Sie können die Situation verlassen und Sie können für sich sorgen. Als Kind hatten wir nicht die Möglichkeit, unsere Bedürfnisse auszudrücken und unsere Argumente überzeugend darzulegen, wie wir es heute als Erwachsene haben.

Das Worst Case Szenario durchgehen:

Haben Sie dennoch Angst, dass etwas Bedrohliches passieren wird, wenn Sie zu sich selbst stehen, dann können Sie sich in einem Gedankenexperiment fragen: „und was wäre dann? … und was wäre dann?..“ bis Sie zu der Befürchtung kommen, die nicht weiter hinterfragt werden kann. Entsprechend Ihres befürchteten Szenarios können Sie nun Vorkehrungen treffen. Zum Beispiel: Ich habe Angst, dass mein Partner ausrastet: Ich packe eine kleine Tasche mit dem Nötigsten, ich erkundige mich nach einer Notunterkunft. Ich mache mir einen Plan für diesen Fall.

Ich habe Angst, meinen Job zu verlieren, für den ich mich ständig verbiege: Ich rechne durch, wie ich mit meinem Arbeitslosengeld oder mit Sozialhilfe zurechtkomme. Ich besorge mir die Fortbildung, die ich brauche, um einen mindestens gleichwertigen Job zu bekommen.

Die bewusste Auseinandersetzung mit der Bedrohung in einem ruhigen, sicheren Rahmen hilft Ihnen, weniger automatische Gefühls- und Verhaltensmuster ablaufen zu lassen, es spart Energie und lässt Sie gezielter handeln.

Zeit für sich selbst:

Wenn Sie jemand sind, der*die eigene Bedürfnisse und Gefühle nur dann richtig spüren kann, wenn er*sie allein ist, ist es angebracht, sich diesen Freiraum regelmäßig zu nehmen. Vor allem für die Inventur ist das hilfreich.

Sich heraus zu nehmen aus dem Geschehen kann klein und unauffällig sein, wie kurz die Augen zu schließen oder an die Decke zu sehen und nach innen zu gehen mit der Aufmerksamkeit.

Wenn Sie unter Menschen schwierig Zugang zu sich selbst bekommen, kann es sein, dass diese Mini-Auszeit für Sie nicht ausreicht. Eine Nummer größer wäre zum Beispiel, den Raum zu verlassen mit der Begründung, auf die Toilette zu gehen oder Wasser zu holen.

Die eigenen Gedanken zu formulieren in einem Tagebuch oder als Nachricht an eine*n Freund*in, der*die Sie in Ihrem Prozess unterstützt, sortiert die Gedanken und bringt Klarheit.

Für große Lebensfragen empfiehlt sich ein Urlaub oder eine Auszeit außerhalb der Alltagsstrukturen, ohne die Menschen, mit denen man sonst zu tun hat, oder die Teil des Problems sind, ohne Verpflichtungen, ohne Menschen, vor denen man gut dastehen will.

Wenn man Übung hat in Meditation oder im Tagträumen kann man sich an einen solchen Ort auch denken. Wichtig ist dann nur die Ungestörtheit über einen längeren Zeitraum.

Innere Kind Arbeit:

Eine universelle Methode in Psychotherapie und Selbstfürsorge ist die Arbeit mit dem inneren Kind. Man sieht dabei das innere Kind als einen verletzlichen oder verletzten inneren Persönlichkeitsanteil mit Bedürfnissen nach Geborgenheit, Sicherheit, Liebe und Zuwendung aber auch Freiheit, Entdecken und Selbstentfaltung.

Der Zugang zum inneren Kind muss mitunter erst etabliert werden und der innere Erwachsene als präsenter, hilfreicher und handlungsfähiger Anteil ist die Voraussetzung dafür.

Wenn man Zugang zum inneren Erwachsenen und zum inneren Kind hat, dann kann man als People Pleaser folgendermaßen mit dem inneren Kind arbeiten:

In einem sicheren Setting schließt man die Augen, kommt bei sich selbst an, vergegenwärtigt sich das innere Kind, begrüßt es liebevoll. Man sagt dem innerem Kind, dass es liebenswert ist, so wie es ist, und nichts dafür tun muss. Dass man es bedingungslos liebt. Man sagt ihm „Es gibt niemanden mehr um den Du Dich kümmern musst.“

Als Affirmation für eine Meditation eignen sich die Sätze: „Ich bin liebenswert. Ich werde geliebt dafür, dass ich ich bin.“

Eigene Bedürfnisse bewusst machen:

Was sind meine eigenen Ziele und Bedürfnisse? Und was muss ich an Zeit dafür reservieren? Wenn ich die eigenen Ziele kenne, langfristig und kurzfristig, dann fällt es mir leichter, nicht zu viele Gefallen und Aufgaben für andere zu übernehmen. Wenn ich allen meinen Aufgaben und der Arbeit an meinen eigenen Zielen Zeitfenster in meinem Terminkalender zugewiesen habe, sehe ich bildlich vor mir, dass ich für diese Gefallen nur sehr begrenzt Zeit habe, und es fällt mir leichter nein zu sagen.

Woher aber weiß man, was die eigenen Ziele sind, wenn die eigene Stimme „Ich möchte…“ so viel leiser ist als das „Ich sollte…“? Folgende zwei Methoden helfen, sich mit der „inneren Stimme“ oder mit den eigenen Bedürfnisse und Wünschen zu verbinden. Man kann diesen Satz vollenden: „Wenn ich wüsste, dass mein Partner (oder eine bestimmte andere Person oder jeder) damit wunderbar umgehen könnte, würde ich …“ Damit umgeht man den inneren Zensor, der die eigenen Bedürfnisse gar nicht erst bewusst werden lässt, wenn sie vermeintlich im Konflikt mit den Interessen anderer Menschen stehen. Eine andere Variante davon ist, sich zuerst zu fragen, was für einen selbst gut ist. Dann danach erst zu fragen was für den anderen am besten ist – falls man es noch nicht weiß.

Kontakte einschränken zu Menschen, die zu viel fordern:

Ich plädiere nicht dafür, Beziehungen leichtfertig aufzugeben. Sondern dafür, den Mut zu haben, sich anzusehen, wie die Interaktionen in diesen Beziehungen ablaufen. Wer gibt was, wer nimmt was und ist das so für mich in Ordnung? Ist es veränderbar? Und wenn es tatsächlich nicht veränderbar ist, tut mir diese Beziehung noch gut? Kann eine Freundschaft oder ein Kontakt vielleicht ein bisschen reduziert werden zugunsten anderer Kontakte? Bei hilfsbedürftigen Angehörigen muss natürlich nach einer Lösung für deren Bedürfnisse gesucht werden.

Nein-Sagen für Anfänger – Mit kleinen Neins anfangen:

Das Ziel sollte sein, dass Sie ein Nein jederzeit klar kommunizieren können. Falls das noch ein zu großer Schritt sein sollte, können Sie zunächst versuchen, sich mit kleineren Schritten heran zu tasten. In dem Moment, in dem eine schwierig abzulehnende Anfrage kommt, können Sie statt wie gewohnt automatisch ja zu sagen, sich Zeit verschaffen: „Lass mich darüber nachdenken“, „Da muss ich erst einmal in meinen Kalender schauen, den habe ich jetzt nicht hier“, „Ich melde mich später bei Dir“.

Dann können Sie sich in Ruhe hinsetzten und eine Antwort schreiben. Am besten in einem möglichst langsamen Medium – eher am Computer als am Handy, eher zuerst in einem Textdokument als in einem Chatfenster, so dass Sie nicht im Eifer zu früh absenden. Dann tun Sie eine Weile etwas anderes, schauen dann nochmal auf Ihre Antwort und fühlen ob sie stimmig ist. Neben der Ruhe und Zeit bei der Antwortfindung hat das schriftliche Antworten auch noch den Vorteil, dass Sie die Person, die angefragt hat, nicht sehen und damit weniger mit ihrer akuten emotionalen Reaktion auf Ihr Nein konfrontiert sind. Dadurch lassen Sie sich etwas weniger davon lenken, andere nicht enttäuschen zu wollen und lassen mehr davon einfließen, was Sie selbst wollen.

Eine andere Möglichkeit, die emotionale Reaktion des Gegenübers abzumildern ist folgende: Sie können ein Nein, das Sie geben, ein wenig ausgleichen, indem Sie z.B. sagen, dass Sie die andere Person schätzen und Ihre Bedürfnisse ernst nehmen, und dann ihre eigenen Bedürfnisse erklären. Statt strikt Nein zu sagen, können Sie versuchen, sich über Bedürfnisse genau auszutauschen und eine Lösung zu finden, die alle Seiten berücksichtigt.

Wenn Sie jemand sind, der nie nein sagen kann, ist es schon mal ein Fortschritt, wenn Sie weniger anbieten, als der andere gefragt hat. Wenn Sie also Einschränkungen zu ihrem Ja machen. Das können Sie auch üben, wenn Sie jemand sind, der manchmal Nein sagt. Die Akzeptanz Ihrer Einschränkungen wird Ihnen mehr und mehr Sicherheit geben. Für Ihre eigene Akzeptanz Ihres Neins ist es günstig, wenn Sie sich angewöhnen, sich nicht mehr zu entschuldigen wenn Sie nein sagen.

Was kann ich tun, wenn ich mit einem People Pleaser in einer Beziehung bin?

Ermutigung zur Authentizität:

Sie können Ihre Beziehungsperson immer wieder wohlwollend und freundlich dazu einladen, ihre Bedürfnisse, Meinungen, Wünsche, Gefühle und Vorstellungen zu äußern. Wenn diese geäußert werden, sollten Sie diese ernst nehmen und sich gut merken oder aufzuschreiben. Es kann sein, dass Ihr*e People Pleaser Partner*in ein Bedürfnis nur ein einziges Mal äußert und dann davon ausgeht, Sie wüssten um dieses Bedürfnis und dass Sie bewusst nicht darauf eingehen, wenn Sie es in Wirklichkeit einfach vergessen haben.

Überlassen Sie dem People Pleaser das Steuer:

Unterstützen Sie Ihre Beziehungsperson bei der Umsetzung ihrer Wünsche, aber passen Sie auf, dass es nicht zu Ihrer eigenen Mission wird, die nicht mehr in Kontakt mit den aktuellen Bedürfnissen und Befindlichkeiten ihrer Beziehungsperson ist. Zum Beispiel: Ihre Beziehungsperson hat gesagt, dass Sie gern mal ans Meer möchte. Also buchen Sie einen Urlaub am Meer ohne sich zu erkundigen, ob die Zeit oder andere Details für Ihre*n People Pleaser Partner*in passen. Besser ist es, den People Pleaser entscheiden zu lassen.

Langsamkeit und Achtsamkeit:

Geben Sie Zeit und Raum zum spüren, in sich rein horchen, vor allem in der Sexualität. Wenn Sie selbst gut darin sind, machen Sie diesen Prozess vor Ihrer Beziehungsperson transparent. Sie könnten, wenn das für Sie stimmig ist, eine Hand auf Ihr eigenes Herz legen, wenn Sie gerade in sich hinein spüren wollen, tief atmen, sich Zeit lassen und sagen: „ich bemerke gerade, dass ich dieses und jenes fühle … mein Bedürfnis ist … meine Angst ist … mein Wunsch ist…“. Wenn Sie das regelmäßig machen, laden Sie Ihre Beziehungsperson damit zu einer erkennbaren Kultur der Achtsamkeit und der authentischen Kommunikation ein. Wenn Sie die Person sind, der es leichter fällt, können Sie damit für Ihre Beziehungsperson voran gehen. Ob diese Art zu kommunizieren ein Erfolg und eine Beziehungskultur wird, hängt maßgeblich davon ab, wie stimmig sich die einzelnen Elemente für beide Beziehungspartner anfühlen. Sie können Ihre eigenen Wege, Gesten, Rituale und Worte dafür finden. Am Anfang kann es etwas holprig sein, lassen Sie sich davon nicht entmutigen und laden Sie Ihre Kreativität und Ihr Gefühl ein, um das für Sie beide Richtige zu finden, oder für Sie mehrere, wenn Sie mehr als zwei Personen sind.

Ermutigen Sie Ihre Beziehungsperson dazu, ihre eigenen Wege zu finden, die eigenen Bedürfnisse oder die eigene Stimme besser wahrzunehmen. Nehmen Sie es nicht persönlich, wenn dies beinhaltet, dass Ihre Beziehungsperson ihre Aufmerksamkeit oder Präsenz zeitweilig von Ihnen abwendet, um sie sich selbst zuzuwenden.

Wenn Ihre Beziehungsperson etwas mit Ihnen teilt, das sie an Gefühlen, Wünschen, Bedürfnissen in sich entdeckt hat, entmutigen Sie sie nicht mit verbalen oder nonverbalen Kommentaren, sondern lassen Sie das Gesagte erst einmal stehen. People Pleaser sind sehr empfindlich auf Signale, die sie als ablehnend interpretieren könnten.

Wenn Sie den Eindruck haben, dass Sie Teil des Problems sein könnten, beobachten Sie Ihr eigenes Verhalten im Umgang mit Bedürfnissen und Wünschen in der Beziehung. Falls Sie feststellen, dass Sie dominant sind in der Beziehung und die meisten Entscheidungen treffen, müssen Sie sich nicht unbedingt die Schuld dafür geben. Die Beziehungsdynamik beim People Pleaser kann beinhalten, dass der Partner das Nicht-Entscheiden und die Passivität des People Pleasers „ausgleicht“ durch eigenes bestimmendes und dominantes Verhalten. Wenn Sie es wissen, können Sie gegensteuern.

Eine andere Möglichkeit ist, dass Sie sich der Wünsche und Bedürfnisse Ihrer Beziehungsperson nicht so bewusst waren oder noch sind. Vielleicht sind Sie es gewohnt, dass andere Menschen Ihnen Ihre Bedürfnisse mitteilen ohne dass Sie selbst etwas unternehmen müssen, um diese herauszufinden.

Nicht nur für People Pleaser: Enthusiastischer Konsens

Echte Zustimmung zu Sex beruht auf der Lust der Beteiligten. Denn auch Normen, Zwänge und Abhängigkeiten oder können dazu führen, dass eine Person „Ja“ zu etwas sagt, obwohl sie keine Lust dazu hat. Das Konzept „enthusiastischer Konsens“ steht für die Ermutigung, nach dem eigenen und dem gemeinsamen Begehren zu handeln. Es hat den Anspruch, dass beim Sex die Grenzen aller gewahrt werden, dass niemand manipuliert oder zu etwas gedrängt wird.

Konsens bedeutet, dass Handlungen und Gespräche im gegenseitigen Einverständnis stattfinden, statt der Annahme, dass etwas schon ok ist, wenn kein Widerstand kommt (z.B. eine Person einfach anfassen ohne zu fragen). Nur ein JA ist ein JA. Das Konsens-Prinzip wurde erarbeitet, um sexualisierter Gewalt und einer Kultur, die diese begünstigt, etwas entgegenzusetzen. Konsensualer Sex bedeutet, dass alle Beteiligten Verantwortung dafür übernehmen, sowohl ihre eigenen Grenzen und die der anderen, als auch ihr Begehren herauszufinden und zu respektieren. Konsens ist aber auch in vielen anderen Bereichen hilfreich, um ein respektvolles Miteinander zu lernen.

Das neuere Konzept „Enthusiastischer Konsens“ bedeutet nicht nur, einer Handlung zuzustimmen, sondern sie aktiv zu wollen oder zu begehren – so wie der Unterschied zwischen “Ja, ok.” und “JA, unbedingt!”. Und wenn man ein Nein empfängt, positiv zu reagieren und sich dankbar dafür zu zeigen, dass die Person, die das Nein gegeben hat, auf ihre Grenzen achtet und diese klar kommuniziert. Bedürfnisse, Wünsche und Grenzen können sich jederzeit ändern. Daher checkt man während des Sex immer wieder mit dem eigenen Körper ein „Bin ich noch bei der Sache oder ganz woanders?“ und fragt die andere Person „Passt das gerade noch für Dich, was wir tun?“. Man achtet darauf, wann man ein komisches Gefühl hat und sich selbst nicht mehr sicher ist, ob es noch ok ist was man tut. Pausen zu machen, hilft, sich zu vergewissern, ob es für alle Beteiligten noch der Weg ist, den man weiter gehen will. Man achtet darauf, ob zu einem verbal geäußertem „Ja“ auch die Körpersprache und Mimik stimmig ist. Nach dem Sex reflektiert man: „Bist Du damit zufrieden wie es gelaufen ist? Hattest Du alle Informationen, die Du brauchtest, um Dein Einverständnis zu geben? Hat etwas getriggert?“

Gerade für People Pleaser ist es wichtig, dass man positiv und wertschätzend darauf reagiert, wenn sie ihre Grenze und Bedürfnisse kommunizieren. Denn eine große Angst von People Pleasern ist es, wegen diesem Mitteilen abgelehnt, beschimpft, mit Liebesentzug bestraft oder verlassen zu werden. Als Partner*in vermitteln Sie dem People Pleaser Sicherheit, indem Sie ihm vermitteln, „es ist gut und richtig wie Du gerade bist und was Du brauchst“.

Deshalb möchte ich Ihnen das Prinzip des Enthusiastischen Konsens ans Herz legen, insbesondere wenn Sie ein People Pleaser sind oder mit einem People Pleaser Sex haben wollen. Aber auch wenn das nicht der Fall ist, denn es verbessert das sexuelle Erleben und die Verbundenheit und hilft, Konflikte, Verletzungen und Unfälle zu verhindern.

Zu diesem Thema gibt es einen sehr guten Artikel vom queer-feministischen veganen Sexladen „other nature“
https://other-nature.de/de/info/consent