Autor*innen: Diana Böhme, Mar*kus Chmielorz und Leonie Henning
erschienen in VPP aktuell Heft 67 S. 10-17
Systemische Beratung bezieht die soziale Vernetztheit des Menschen ein. In der beraterischen Praxis wird dabei oft die Herkunftsfamilie betrachtet. Wir gehen in unserer Betrachtungsweise darüber hinaus und beziehen die Gesellschaft als Sozialisations- und Lebensraum mit ein.
Für die systemische Beziehungs- und Sexualberatung sind dabei insbesondere gesellschaftliche Erzählungen von Geschlechterrollen und von Sexualität relevant. Die Gesellschaft, in der wir leben, ist von vielen Ansichten geprägt, was als „normal“, „gesund“ und „natürlich“ gilt.
Rigidität, Ordnungs- und Machtstreben führen dazu, dass aus diesen Normalitätsansichten Normen, also soziale Regeln, definiert und durch ihre Umsetzung immer wieder reproduziert werden.
Wir leben in einer heteronormativen Gesellschaft. Heteronormativ bedeutet, dass es nur die zwei Geschlechter (Männer und Frauen) geben soll und nichts dazwischen oder jenseits davon. Männer sollen demnach männlich sein und Frauen weiblich. Was als männlich bzw. als weiblich gilt, geben die gesellschaftlichen Konventionen vor, die in patriarchalen Gesellschaften Männern mehr Macht und Privilegien einräumen und den Frauen mehr unbezahlte Care-Arbeit als ihre „natürliche Rolle“ zuschreiben. In der Heteronormativität (Warner, 1991, S. 3–17; Butler, 1991) sollen Menschen sich mit dem einen von zwei (sic!) Geschlechtern identifizieren, das ihnen aufgrund ihres als eindeutig gedachten Körpers zugeschrieben wird. Nach der Heteronormativität sollen weiterhin Menschen des einen (sic!) Geschlechtes Menschen des anderen (hetero) Geschlechtes begehren. Bekanntermaßen entspricht das nicht der sozialen Wirklichkeit, sondern ist ein soziales Konstrukt.
Für die systemische Paar- und Sexualberatung ist eine konstruktivistische Haltung die Grundlage, denn ihr geht es um „Unterschiede, die einen Unterschied machen“. Soziale Konstruktionen entstehen durch Beobachten. Beobachtende unterscheiden und bezeichnen (Simon, 2018). In diesem Artikel geht es um die Unterscheidungen im Hinblick auf die Dimensionen Körper, Geschlechtsidentität, Geschlechtsrolle, Geschlechtsausdruck und sexuelle/romantische Anziehung. In allen fünf Dimensionen sind die Unterscheidungen jedoch nicht gleichwertig, sondern ziehen ein Gefälle in Hinblick auf Macht und Diskriminierungserfahrungen nach sich (Hübscher, 2022).
Einführung
Wenn sich Menschen stimmig in ihrem körperlichen Geschlecht erfahren, dass sie von Geburt an haben, spricht man von „cis“ – in Abgrenzung zu „trans“, was ausdrückt, dass die Geschlechtsidentität einer Person nicht dem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht entspricht. Menschen, die mit ihrer geschlechtlichen Identität, ihrer sexuellen oder amourösen Orientierung nicht den gewohnten Vorannahmen cis und hetero entsprechen, werden als Minderheiten marginalisiert. Dabei erscheinen Minderheiten, die sich aufgrund von Diskriminierung verstecken und zumindest eingeschränkt die Möglichkeit haben, sich zu verstecken / sich nicht zu outen in der öffentlichen Wahrnehmung wesentlich kleiner, als sie tatsächlich sind – anders als z. B. Minderheiten in der Hautfarbe oder aufgrund einer sichtbaren Behinderung. Sichtbarkeit/Geoutet sein erhöht die Vulnerabilität der einzelnen Person gegenüber Diskriminierung und in dieser Hinsicht – je nach alltäglichem Umfeld – mögliche Anfeindungen und Angriffe.
Solche Erfahrungen bringen es mit sich, dass Betroffene im öffentlichen Raum auf der Hut sind, was psychisch belastend ist. Denn: Einer sexuellen oder geschlechtlichen Minderheit anzugehören induziert einen besonderen Minderheitenstress (Meyer, 2003, S. 129, 674–697). Diskriminierungen und Gewalterfahrungen aufgrund der sexuellen, geschlechtlichen oder körperlichen Identität erzeugen eine besondere Ablehnungssensitivität, in deren Folge die eigene Identität (auch im beraterischen Kontext) verborgen werden und negative Einstellungen internalisiert werden können.
Geoutet sein im sicheren Rahmen ermöglicht andererseits ein authentischeres Leben und in dieser Hinsicht bessere Voraussetzungen für psychische Gesundheit. Auf gesellschaftlicher Ebene erhöht das öffentlich Geoutet sein die Sichtbarkeit von Queer-Personen und damit die öffentlich wahrgenommene Größe und politische Wichtigkeit einer Gruppe.
Sexuelle und geschlechtliche Minderheiten, LSBTIQA* Personen, die Erfahrungen von Marginalisierung, Diskriminierung und Gewalt machen, brauchen diese sicheren Orte auch im Beratungssetting. Die Autor*innen dieses Artikels vertreten dabei eine fachlich begründete systemische Haltung, die systemische Beratung und Therapie zusammendenkt mit einem diskriminierungssensiblen und entpathologisierenden Beratungs- und Therapieansatz und verstehen systemisches Arbeiten relativ (Denken und Handeln in Beziehungen), konstruktiv (Wirklichkeit entsteht durch Beobachten und Bezeichnen) und narrativ (Lebensgeschichten bestimmen die Identität).
Die Quellen der systemischen Familientherapie lassen sich bis in die 1950er-Jahre zurückverfolgen. Allen Quellen gemeinsam ist, in Beziehungen wahrzunehmen, zu denken und zu handeln. Es geht darum, auf welche Weise funktionale oder dysfunktionale Kommunikation „relativ“ zwischen Menschen, den Elementen eines sozialen Systems entsteht und aufrechterhalten wird. Es geht um die Wechselwirkungen und „Kopplungen“ (Simon, 2018) zwischen Organismus, Psyche und sozialen Systemen. „Konstruktiv“ meint dabei die soziale Konstruktion von Wirklichkeit. Die beteiligten Personen in einem sozialen System nehmen ihre Umwelt wahr, sie beobachten sie, unterscheiden und bezeichnen, schreiben Sachverhalten Eigenschaften zu. Durch Kommunikation und Interaktion im sozialen System entstehen Sinnzusammenhänge, die wiederum das soziale System weiterentwickeln (Autopoiesis). Auf der Grundlage von und in diesen Sinnzusammenhängen konstruieren Menschen ihre Identitäten und erzählen rekursiv ihre Lebensgeschichten („narrativ“). Im Kontext der bürgerlichen Gesellschaft dominiert ein Narrativ von Geschlecht, Liebe und Sexualität, das wir heteronormativ nennen: gesellschaftliche Wertvorstellungen und Verhaltenserwartungen, die auf Zweigeschlechtlichkeit (binär, eindeutig männlich oder weiblich, bezogen auf Körper und Geschlechtsrolle) und auf dem Zwang zu heterosexuellen Beziehungen beruhen. Diese werden privilegiert. Sexuelle und geschlechtliche Minderheiten, LSBTIQA*-Personen erfahren in einem heteronormativen Kontext Deprivilegierung und Diskriminierungen bis hin zu Pathologisierung, Kriminalisierung und Gewalt.
Dass systemische Paar- und Sexualberatung macht- und diskriminierungskritisch Heteronormativität reflektiert, ist auch eine Folge der Emanzipationsbewegung von LSBTIQA*-Personen seit den 1970er-Jahren und der Graswurzelarbeit von queeren systemischen Fachmenschen. Systemisches Denken und Handeln nutzt das kritische Potenzial der Beobachtung 2. Ordnung, um tote Winkel auszuleuchten und darüber aufzuklären, welche Unterscheidungen Beobachtungen zugrunde
liegen und was im Prozess des Beobachtens (gesellschaftlich) ausgeblendet wird und bleibt. Wir könnten also sagen, „wer nicht queersensibel arbeitet, arbeitet auch nicht systemisch“.
Grundlagen
Die Benachteiligungen betreffen – in unterschiedlichem Maße – alle sich nicht als heterosexuell empfindende und alle sich nicht als cis-geschlechtlich erlebende Menschen sowie Menschen, die nicht-monogam leben. Zu den nicht-heterosexuellen Menschen gehören Homosexuelle (das gleiche Geschlecht begehrend, Lesben, Schwule), Bisexuelle (zwei Geschlechter begehrend), Pansexuelle (das Geschlecht spielt keine Rolle im eigenen Begehren) und Asexuelle (kein partnerbezogenes sexuelles Begehren). Zu den sich nicht als cis-geschlechtlich erlebenden Menschen gehören Menschen, die sich nicht oder nicht vollständig dem Geschlecht zugehörig fühlen, das ihnen bei ihrer Geburt zugewiesen wurde. Die Personen bezeichnen sich als Transidente, Transsexuelle (veraltet), Transgender, Transfrau (Mann-zu-Frau-Trans*-Person), Transmann (Frau- zu-Mann-Trans*-Person). Einige trans* Personen streben die rechtliche und/oder körperliche Transition zu einem anderen Geschlecht an. Manche möchten keine oder keine den ganzen Körper betreffende operative Angleichung. Welche hormonellen oder operativen Verfahren als stimmig erlebt werden, entscheidet jede trans* Person selbst. Der Zwang zum Passing (korrekt dem beabsichtigten Geschlecht zugeordnet werden; wörtlich: als Mann oder als Frau durchgehen) wird in den letzten Jahren von einzelnen trans* Personen durchbrochen, die sich nicht für die volle Palette der körperlichen Transition entscheiden. Auf der anderen Seite gibt es viele trans* Personen, denen nicht die Möglichkeit einer operativen und hormonellen Angleichung zur Verfügung steht, die daher unter ihrem Nicht-Passing leiden.
Intergeschlechtlichkeit bezeichnet angeborene körperliche Merkmale, die genetisch, hormonell oder anatomisch nicht in die binäre gesellschaftliche Norm von männlich und weiblich passen (Sabisch, 2019)
Der im Zuge der Lesben- und Schwulenbewegung resignifizierte (sich wiederangeeignete) Begriff „queer“, vereint heute alle genannten nicht-heteronormativen Identitäten und schließt auch Kink und Polyamorie ein. LSBTIQA* ist ein Kürzel, das lesbisch, schwul, bi, trans*, inter und queer/questioning, asexuell beinhaltet. Questioning bedeutet dabei, dass man sich nicht festgelegt hat oder etwas infrage stellt.
Neben der biologischen Geschlechtlichkeit sind Geschlechtsidentität, sexuelle und romantische Orientierung, geschlechtliche Selbstdarstellung voneinander unabhängig ausgeprägte Dimensionen von Geschlecht. Sie können sich im Lebensverlauf wandeln, sind jedoch nicht gezielt beeinflussbar (Clarke, Ellis, Peel & Riggs, 2010; Wolf, 2012).
Lebensbedingungen von LGBTIQA*-Personen
Widerstand in der heterosexuellen Matrix: Der dynamische soziokulturelle Entwicklungsprozess des Sichtbarwerdens vielfältiger Geschlechtlichkeiten und sexueller Orientierungen kann als Bereicherung oder als Bedrohung des dominanten gesellschaftlichen Narrativs und der eigenen Privilegien wahrgenommen werden. Queere Personen werden gesellschaftlich marginalisiert. Ihre Identitäten, ihr Selbstverständnis und ihre Lebensweise werden nicht gesehen, nicht respektiert und nicht
selbstverständlich mitgedacht. Sie haben daher einen erhöhten Aufwand, ihre Lebensweise zu entwickeln und zu kommunizieren (Wolf & Meyer, 2017).
Seitdem der österreich-ungarische Schriftsteller Karl Maria Kertbeny 1868 zum ersten Mal überhaupt die Begriffe „homosexual“ und „heterosexual“ benannt hat, bewegen sich sexuelle, geschlechtliche und körperliche Minderheiten im Spannungsfeld zwischen Selbst-Identifikation und Fremd-Identifizierung. Sie brauchen eine Sprache und Begriffe für ihre jeweilige Lebenswirklichkeit, um gesellschaftliche Teilhabe erkämpfen zu können, zugleich werden sie in ihren Identitäten auf den Begriff gebracht, was seit dem 19. Jahrhundert Kriminalisierungen (Verfolgung schwuler Männer nach dem Strafrechtsparagrafen 175) und Pathologisierungen (Diagnosen wie „Homosexualität“, „Transsexualismus“ oder „Störungen der Geschlechtsentwicklung“), Diskriminierungs- und Gewalterfahrungen zur Folge hat (Müller, 2014, S. 19–34).
Delikte gegen Queers: Die Anzahl der polizeilich erfassten Delikte gegen die sexuelle Orientierung in Deutschland steigt seit 2018 und lag 2023 bei 1.499 Delikten (Statista Research Department, 2024). Homo-, Bi- und Transfeind- lichkeit können in verbale, körperliche und sexuelle Gewalt gegen LSBTIQA-Menschen münden. Trans* und gender-nonkonforme Personen sind besonders häufig von Gewalt betroffen. Bereits die Angst vor Diskriminierung und Gewalt ist häufig belastend und mit Verhaltenskonsequenzen verbunden, dass man sich z. B. keine Unterstützung sucht, weil man glaubt, dann abgelehnt oder ausgestoßen zu werden oder weil man auf das Arbeitsverhältnis angewiesen ist (Wolf & Meyer, 2017, S. 132).
Psychische Erkrankungen und Suizidalität in Folge von
Diskriminierungserfahrungen: Lesbische, schwule und trans*Personen zeigen in unterschiedlichen Studien deutlich häufiger Angststörungen, Depressionen, Alkohol- und Drogenabhängigkeit und sind durch eine deutlich höhere Suizidalität belastet. Jugendliche transidente Personen stellen aufgrund von Mobbingerfahrungen den höchsten Anteil an Suizidversuchen im Vergleich mit anderen Bevölkerungsgruppen. Ihre Suizidalität ist mindestens vierfach erhöht. Verbale und körperliche Gewalt in Schulen und Herkunftsfamilien stehen damit um Zusammenhang (Maguen & Shipherz, 2010, S. 34–43).
Inter* Personen benennen wiederholte medizinisch nicht notwendige und lediglich normierende operative Eingriffe oft in der frühen Kindheit und Jugend, die ohne ihre Einwilligung erfolgt sind, als zentrales Gesundheitsthema. Laut einer Hamburger Studie zeigten 62 Prozent der Studienteilnehmenden klinisch relevanten Leidensdruck, 47 Prozent berichten von Suizidgedanken und 13,5 Prozent von zurückliegenden Selbstverletzungen (Robert Koch Institut, 2020).
Menschenrechtsorganisationen von inter* Personen setzen sich für ein lückenloses Verbot solcher Operationen an nicht einwilligungsfähigen Personen und eine weitergehende Entpathologisierung von inter*Körpern ein.
Benachteiligung und geringe Privilegien und Ressourcen:
LSBTIQA* sind von Benachteiligungen betroffen und besitzen weniger Privilegien im Vergleich zur Mehrheitsgesellschaft.
Ein Viertel aller trans* Jugendlichen wird nach ihrem Coming Out von Ihren Eltern/Erziehungspersonen auf die Straße gesetzt. Das erschwert ihren Start ins Erwachsenenleben. Trans*Menschen, die als solche erkennbar sind, haben aufgrund von Diskriminierung große Schwierigkeiten, einen Arbeitsplatz oder eine Wohnung zu finden (LADS Berlin, 2024).
Mehrfachdiskriminierung: Es kommt vor, dass Menschen in queeren – eigentlich als sicher gedachten – Räumen andere Menschen mit einzelnen Merkmalen, die sie selbst nicht aufweisen, wie höheres Lebensalter, trans* Geschlechtlichkeit, marginalisierter ethnischer Hintergrund, Behinderung, Bisexualität, Homosexualität, Religion etc. diskriminieren, sodass von dieser Diskriminierung Betroffene keine sicheren Räume mehr für sich finden.
LSBTIQA-Personen in der Psychotherapie
LSBTIQA-Personen werden in der Psychotherapie oft nicht mit ihren spezifischen Bedarfen wahrgenommen. Trans* Personen werden oft abgewertet und nicht fachgerecht behandelt. Bei trans* Personen wird fachlich international inzwischen davon ausgegangen, dass Geschlechtsidentität an sich keine psychische Erkrankung darstellt (World Medical Association, 2025). Dies spiegeln auch die Weiterentwicklung des ICD in seiner 11. Version und die für den medizinischen/psychotherapeutischen Bereich wichtige sogenannte „S3-Leitlinie Geschlechtsinkongruenz, Geschlechtsdysphorie und TransGesundheit: Diagnostik, Beratung, Behandlung“ wider.
Sensibilität
Unbeabsichtigte (subtile) emotionale Reaktionen: Wenn Therapeut*innen erschrecken oder überfordert sind, wenn ihre Klient*innen von ihren nicht-normativen Liebesgefühlen oder Identitätserleben erzählen, kann es passieren, dass sie sich in ihrer Körperhaltung oder ihrer Mimik versteifen, selbst vom Thema ablenken, ihr Gesprächsfluss stockt. Bei den Klient*in- nen kann dann ankommen, dass der Raum bzw. der*die Therapeut*in nicht geeignet ist, um über diese Themen zu sprechen oder sie stellen infrage, dass sie ein Recht haben, über diese Themen zu sprechen. Eine anerkennende, wertschätzende, respektvolle, vertrauensvolle und tragfähige Beziehung in der Beratung/Therapie ist aber eine Voraussetzung für ihr Gelingen.
Aus der Position einer/s heterosexuellen cis-geschlechtlichen Therapeut*in ist es schwer, eigenes Diskriminierungshandeln zu erkennen oder den Bedarf einer LSBTIQA*-Person (im Folgenden auch Queers genannt) an Hilfestellung vorauszusehen.
Unpassende Fragebögen: Nicht-heterosexuelle und nicht-binär-geschlechtliche Personen finden sich in nicht-gegenderten Fragebögen nicht wieder. Z. B. wenn nur zwei Geschlechter als Antwortmöglichkeiten vorgegeben sind. Oder wenn z. B. gefragt wird nach „Schüchternheit und Unbeholfenheit mit dem anderen Geschlecht“.
Häufige Anliegen
PTBS: Aufgrund der häufigeren Diskriminierungserfahrungen haben Queers tendenziell mehr schlechte Erfahrungen bezogen auf ihre geschlechtliche und sexuelle Identität, aber auch insgesamt im Leben gemacht. In der Paar-/Beziehungstherapie spielen dadurch unserer Erfahrung nach häufiger posttraumatische Belastungsstörungen eine Rolle als bei heterosexuellen cisgeschlechtlichen Klienten und Klientinnen. Studien zur Gesundheit von LSBTIQA*-Personen zeigen das um eineinhalbfach erhöhte Vorkommen von Depressionen und Angststörungen bei Lesben, Schwulen und Bisexuellen im Vergleich zu Heterosexuellen (Dennert, 2006, S. 559–576).
Um die aus Marginalisierungs- und Diskriminierungserfahrungen resultierenden Gefühle zu bewältigen, entwickeln LSBTIQA*-Personen häufiger dysfunktionale körpernahe Selbstregulationsmethoden (Institute of Medicine, 2011, S. 101–112; Wolf & Dew, 2012, S. 237–256).
Das Minderheiten-Stress-Modell beschreibt die Wechselwirkungen zwischen äußeren Belastungen (z. B. Gewalt), den daraus resultierenden Verhaltensweisen zum Schutz vor weiteren Angriffen (z. B. Vermeidung von Orten) und der innerpsychischen Bewältigungsmuster. Die Bedrohung von und im Außen macht ein Stigma- und Identitäten-Management notwendig, das zu Geheimhaltungsstress führt. Der Konflikt zwischen Schutz und Ausdruck der Persönlichkeit führt zu inneren Spannungen.
Das Verschweigen hat unauthentisches Auftreten, Einsamkeit und Stress zur Folge. Frühe Erfahrungen von Gewalt und Ausgrenzung in nahen Beziehungen und in permanenten und gesellschaftlich legitimierten Praxen können das Selbstbild schädigen und zu Selbstentwertungsprozessen führen (internalisierte Homophobie/Trans*phobie), diese wiederum können das Gesundheitsverhalten negativ beeinflussen.
Sich selbst erfinden: Durch die verstärkte Auseinandersetzung mit der eigenen Geschlechtsidentität haben Queers tendenziell ein höheres Reflexions- und Kommunikationsniveau als cis- geschlechtliche heterosexuelle Menschen. Durch die Gleich-geschlechtlichkeit in der Beziehung sind keine klassischen Rollenbilder vorgegeben. Dadurch ergibt sich eine stärkere Notwendigkeit der Auseinandersetzung mit Geschlechterrollen und der Rolle, die man selbst in einer Beziehung einnehmen will. Z. B. wer geht arbeiten, wer versorgt Kinder und Haushalt? Wer wird das biologische Elternteil und wie soll die Zeugung und Elternschaft organisiert werden?
Patchworkfamilien: Regenbogenfamilienzentren geben Queers die Möglichkeit, Menschen zu finden, mit denen sie eine Familie gründen können. Z. B. ein schwules Paar und ein lesbisches polyamores Trio zeugen über künstliche Befruchtung zusammen Kinder, leben in einer WG mit den Kindern und teilen sich Ressourcen und Care-Arbeit. Durch die Besonderheit der homosexuellen Familiengründung können sich verschiedene Patchwork-Konstellationen ergeben, die sich in einer Beratungssitzung z. B. in einem Genogramm oder einem Polykül darstellen lassen. Hier braucht es auch in der systemischen Beratung und Therapie eine Reflexion der eigenen Haltung und Wertvorstellungen, um erprobte systemische Methoden zu erweitern und mit ihrer Hilfe zu ermöglichen, queere Lebenswirklichkeiten und Beziehungskonstellationen abzubilden (z. B. Erweiterung von Genogrammsymbolen für non-binäre oder trans* Personen, Abbilden von Personen der Wahlfamilie).
Das späte Coming Out von Menschen, die bereits Familien haben, zieht oftmals Leidensdruck, manchmal auch Erkenntnis und psychische Entlastung aufseiten des*der heterosexuellen Partner*in nach sich; mitunter auch Ablehnung durch die eigenen Kinder und Trauer über das bisher vermeintlich „falsch“ gelebte Leben. Es gibt aber auch die Chance, sich selbst neu zu erfinden und im höheren Alter die Intensität der ersten stimmigen Sexualität zu erleben.
Alternative Beziehungsmodelle: Queers sind aufgrund ihrer zwangsläufigen Auseinandersetzung mit der heterosexuellen Matrix auch eher dazu bereit, darüber nachzudenken, ob alternative Beziehungsmodelle für sie infrage kommen. Konsensuelle Nicht-Monogamie ist ein häufiges Thema in der Paarberatung von lesbischen Frauen.
Altersunterschied: Queers sind auch offener für Altersunterschiede in Beziehungen, weswegen es vergleichsweise häufiger zu Beziehungskonstellationen kommt, in denen der Unterschied in Lebens- und Beziehungserfahrung eine Rolle spielt.
Ausgrenzung: Für Bisexuelle, für nicht-binäre Personen und für Personen in der Transition ist ein häufiges Thema, ob sie sich in der lesbischen oder schwulen Community willkommen fühlen können. Wegen mehr oder weniger subtiler Ablehnung von Bisexuellen, nicht-binären und trans* Personen ist leider an manchen binären lesbischen bzw. schwulen Orten keine Teilhabe möglich. Die Berliner Community und die Landesantidiskriminierungsstelle bemühen sich in den letzten Jahren
verstärkt um eine Öffnung für Bi, Trans* und Inter*. Aber auch Homofeindlichkeit kann innerhalb der LSBTIQA*-Community auftreten. Ausschlüsse und ein Sich-nicht-willkommen-Fühlen kann für Betroffene den Verlust einer identitätstiftenden sozialen Bezugsgruppe bedeuten, die als Wahlfamilie wirken kann (Wolf & Meyer, 2017, S. 132). Hilfreich ist es, wenn Therapeut*innen Anlaufstellen vor Ort oder in der nächsten größeren Stadt für alle Zielgruppen kennen oder bei Bedarf recherchieren.
Lesbische Vorbehalte gegenüber bisexuellen Frauen: Bisexuelle Frauen sehen sich mit der Befürchtung oder Erfahrung von lesbischen Frauen konfrontiert, dass eine bisexuelle Frau sie jederzeit für einen Mann verlassen könnte, der ein höheres Einkommen hat und ihr somit finanziell mehr bieten kann. Es kann daher für eine bisexuelle Frau schwieriger sein, eine Partnerin zu finden (Quelle: Beratungsklientinnen und Workshopteilnehmende von Diana Böhme).
Dos und Don’ts in der Arbeit mit LSBTIQA*-Personen
Respektieren der Geschlechtsidentität: Wie jemand aussieht und wie jemand sich präsentiert, lässt keine sicheren Rückschlüsse darauf zu, wie eine Person sich geschlechtlich identifiziert und mit welchen Pronomen sie angesprochen werden möchte (z. B. er, sie, sie_er, es oder Neopronomen wie they, why, ix oder ein Namenskürzel). Therapeut*innen können Anerkennung, Respekt und Sicherheit vermitteln, indem sie selbstverständlich die Pronomen ihrer Klient*innen erfragen oder sich mit ihren eigenen Pronomen vorstellen, z. B. „Mein Name ist …, ich verwende die er-Pronomen“.
Ein diskriminierungsarmer und sicherer Raum, in dem sich Klient*innen mit ihren Identitäten und Lebensweisen zeigen können, ohne dafür sanktioniert zu werden, ermöglicht es, sich dem eigenen Befinden zuzuwenden und erfahrene Diskriminierungen und Gewalt so einzuordnen, dass sie Selbstachtung und Handlungsfähigkeit (wieder)erlangen können.
Unabhängige Dimensionen von Geschlecht: Therapeut*innen sollten sich immer daran erinnern, dass die unterschiedlichen Dimensionen von Geschlecht unabhängig voneinander sind (Vgl. It’s pronounced metrosexual: Genderbread Person).
Es ist unerlässlich, sich darüber im Klaren zu sein, was der Auftrag ist, den sie von ihren Klient*innen bekommen und auf welcher Ebene von Geschlecht dieser Auftrag liegt und ob er überhaupt auf einer dieser Ebenen liegt. Es gibt keinen Grund, z. B. den geschlechtlichen Ausdruck einer Person im Beratungssetting zum Problem zu machen, wenn die Person das selbst nicht als zu bearbeitenden Gegenstand einbringt. Glaubenssätze über die Abhängigkeit der Dimensionen können bei den
Betroffenen Verwirrung und Leidensdruck hervorrufen. Z. B. „Ich fühle mich zum gleichen Geschlecht hingezogen, aber ich hasse Homosexuelle, ich sollte nicht homosexuell sein, ich muss im falschen Körper sein.“ oder „Ich mochte schon immer lieber Mädchensachen, ich muss schwul sein“. Anhand der Arbeit mit der Genderbread-Person können Therapeut*in- nen die Unabhängigkeit der Dimensionen und die fließenden Übergänge zwischen den Merkmalsausprägungen erklären und so den Druck reduzieren, auf eine bestimmte Weise agieren zu müssen. Therapeutinnen können auf die Selbstbezeichnung „queer and questioning“ hinweisen, zu der Klient*innen dann Gruppen von Gleichgesinnten z. B. über das Internet finden können.
Verwendung von Labels: Wie schon bei „queer und questioning“ angedeutet, sind Labels Möglichkeiten, Menschen zu finden, die eine gleiche Erfahrung teilen. Sie vermitteln die Erkenntnis, mit dem eigenen Anderssein nicht allein zu sein, und geben die Möglichkeit, sich zu vernetzen und sich eine politische, d. h. öffentlich wirkmächtige, kollektive Stimme zu geben (Empowerment). Im persönlichen Kontakt mit Klient*innen sind Labels jedoch erstmal nicht von den Therapeut*innen einzubringen. Es ist sinnvoll, den Raum der Selbstexploration zunächst offen zu halten, um möglichst unvoreingenommen und nicht-suggestiv das Empfinden, die Erfahrungen, die Selbstwahrnehmung, die Wünsche und Vor- stellungen und die Glaubenssätze von Klient*innen zu explorieren. Bringt der*die Klient*in selbst Labels für sich mit, so empfiehlt sich, nach der persönlichen Bedeutung dieser Labels für den*die Klient*in zu fragen. Ansonsten kann es sein, dass man aneinander vorbei redet, wenn sich das Verständnis von Klient*in und Therapeut*in unterscheiden. Gleiches gilt für Labels in Bezug auf Beziehungsformen wie z. B. „Polyamorie“, „offene Beziehung“ etc.
Das System einbeziehen: Eines der Qualitätskriterien in der Beratung von Queers in Berlin ist nach Vorgabe des Senates von Berlin, strukturelle Diskriminierung in der Beratung anzusprechen. Das ermöglicht es, Klient*innen die (Mikro-) Aggressionen, die sie in ihrem Umfeld erfahren haben, von ihrer Person zu abstrahieren und sich rechtliche Unterstützung sowie Unterstützung in der Community zu holen, statt zu versuchen, den Kampf allein zu kämpfen. Wie eine Person zu sich selbst, zu Beziehungen, zu Liebe und zu Sexualität steht, ist geprägt von den Botschaften und Erfahrungen, die sie in dem System sammelt, in dem sie aufwächst. Das gilt für alle Menschen. Bei queeren Personen kommt strukturell das lebenslange ständige Anecken mit dem eigenen So-Sein, An- feindungen, Ausgrenzung und Diskriminierung, sowie das Ver- stecken der eigenen Liebe und des eigenen Begehrens oder der eigenen geschlechtlichen Identität hinzu. Daher ist das Erleben des*der Klient*in vor dem Hintergrund dieser Erfahrungen zu verstehen. Die Klient*innen sollen zu einem Verständnis der gesellschaftlichen Bedingungen kommen, die zu psychischer Belastung und ggf. dysfunktionalen Bewältigungsstrategien und Selbstentwertungsprozessen führen können. Sie sollen unterstützt werden, zu erwartender Ausgrenzung selbstwertschützend zu begegnen. Hilfreich sind dafür die Konzepte Minderheiten-Stress-Modell und internalisierte Homo-, Bi- und Trans*feindlichkeit.
Aufbau eines sozialen Netzwerkes: Für die Bestärkung einer positiven Identität ist der Aufbau eines die sexuelle Orien- tierung und Geschlechtsidentität wertschätzenden sozialen Netzwerkes hilfreich, durch die soziale LSBTIQA*-Infrastruktur vor Ort und online.
Positive Perspektive: Damit all die systemische Betrachtung von Diskriminierung nicht nur frustriert, ist auch eine positive Perspektive einzubeziehen, wie es z. B. das It Gets Better Project vormacht (www.itgetsbetter.org). Was wurde bisher erreicht? Welche Gesetze sollen Queers schützen? Wie kann man sie einklagen? Wo sind sichere Orte offline und online? Welche laufenden Initiativen gibt es, an denen man sich beteiligen kann? Welche ehrenamtliche Tätigkeit könnte passen?
Affirmativer Ansatz: Für die beraterische und therapeutische Arbeit mit sexuellen, geschlechtlichen und körperlichen Minderheiten empfiehlt sich ein affirmativer Ansatz, der zunächst für die Arbeit mit lesbischen, schwulen und bisexuellen Personen entwickelt wurde (Fiedler, 2006, S. 657–670). Dabei stehen die Klient*innen mit ihrer subjektiven Realität der bisherigen Erfahrungen mit Akzeptanz oder Ablehnung im Mittelpunkt, um Perspektiven für den zukünftigen Umgang damit zu entwickeln. Dies korreliert mit einer systemischen Grundhaltung, nach der*die Klient*innen als Expert*innen für sich und ihre Lebensgestaltung gesehen und anerkannt werden. Systemische Berater*innen und Therapeut*innen widerum sind Expert*innen für Beobachtungen und für die Wechselwirkungen, die zwischen Körper, Psyche und sozialem System entstehen. Ihnen steht als systemisches Handwerkszeug eine Beobachtung 2. Ordnung zur Verfügung (Todesco, 2023). Es geht darum, dass Therapeut*innen die eigenen Beobachtungen zu LSBTIQA*-Themen reflektieren und in Bezug auf sexuelle, geschlechtliche und körperliche Identitäten „tote Winkel“ ausleuchten. Also auch, auf welche Weise gesellschaftliche Konstruktionen von Geschlecht durch Strukturen von Macht und Privilegierung geprägt sind, die sich auch in beraterischen und therapeutischen Settings fortsetzen, z. B. durch übergriffige Fragen, Verbesonderungen, Versämtlichungen oder das Nicht-Ernst-Nehmen von LSBTIQA*-Klient*innen. Berater*innen und Therapeut*innen können die Selbstbestimmung ihrer Klient*innen unterstützen, indem sie sich auseinandersetzen mit ihrer eigenen Geschlechtsidentität, -entwicklung und Geschlechterrolle, die Geschlechtsidentität einer Person akzeptieren, ihre fachliche Expertise zu LSBTIQA*- Themen erweitern und sich dazu mit Fachverbänden und/oder Menschen aus der LSBTIQA*-Community austauschen.
Alternative Beziehungsmodelle
Nicht nur queere Menschen stellen sich die Frage, ob ein nicht monogames Beziehungsmodell für sie möglich und erstrebenswert ist. Auch heterosexuelle Menschen überlegen immer öfter, ob und wie sie die Monogamie verlassen. Neu ist hierbei die Frage nach dem Einverständnis aller beteiligter Personen (engl. consent). Das Aufkommen des Wunsches nach Einverständnis statt Betrug führte zum Konzept der konsensuellen Nicht-Monogamie. Hierbei grenzt sich die konsensuelle Nicht-Monogamie-Szene von Affären und jeder Form von Betrug ab und Kommunikation und das Wissen und Einverständnis aller Beziehungspartner*innen bilden die Basis. Es gibt verschiedene Formen der konsensuellen Nicht-Monogamie z. B. Polyamorie. Sie erlaubt romantische und sexuelle Mehrfachbeziehungen.
Wer mit polyamoren Menschen arbeiten möchte, kann sich am Methodenkoffer dieses Artikels bedienen und am beschriebenen Erleben von LSBTIQA*-Personen, da Menschen, die Mehrfachbeziehungen offen oder versteckt leben, oft vor gleichen oder vergleichbaren Herausforderungen stehen. Ebenso ist es ratsam, dieselbe offene und diskriminierungssensible Haltung gegenüber polyamoren Klientinnen einzunehmen, wie gegenüber queeren Personen. Diese Haltung hilft beim Beziehungsaufbau zwischen Therapeut*in und der oder den polyamoren Person/en.
Basiswissen und Wissensaufbau für Therapeut*innen
Wie bei LSBTIQA*-Klientinnen auch, hilft es bei der Arbeit mit polyamoren Personen, Basiswissen über Polyamorie zu haben, wie z. B., dass polyamore Beziehungen langfristig und gesund sein können. Wer noch keinem stabilen polyamoren Beziehungsnetz aus mehreren Personen begegnet ist, tut sich mit dieser Vorstellung vielleicht schwer. Kontakt zur polyamoren Community, Podcasts (z. B. „Mono, Poly & Co“ von Sonja Jüngling), aufklärende Workshops (z. B. vom Expertinnen-Netzwerk Polyamorie von Annika Ackermann und Leonie Henning) und polyfreundliche Literatur, wie z. B. Martha Kauppi „Polyamory: A clinical toolkit for therapists (and their clients)“, können helfen, eigene Vorurteile zu erkennen, zu reflektieren sowie offene Fragen zu beantworten.
Fazit
Die Autor*innen dieses Artikels haben einen Ansatz gewählt, beratendes und therapeutisches systemisches Arbeiten zu den Themen Beziehung, Sexualität und Partner*innenschaft an Hand von Praxiserfahrungen aus der Arbeit mit LSBTIQA*- Personen darzustellen. Aus Anlass von systemischer Praxis werden diese Erfahrungen in den soziokulturellen Kontext der bürgerlichen Familie gestellt und theoretisch begründet. Die theoriegeleitete Reflexion von Praxiserfahrungen ermöglicht die Erweiterung von beraterischen und therapeutischen Kompetenzen in Bezug auf Wissen (Sachkompetenz), Kommunikationsfähigkeiten (Sozialkompetenz), Handlungsfähigkeit (Methodenkompetenz) und die Reflexion der eigenen Werte und Normen hinsichtlich Beziehung, Sexualität und Partner*innenschaft (Selbstkompetenz) (Vgl. Schmauch, 2020).
Eine systemische Haltung, die für Beratungs- und Therapieprozesse mit Paaren und anderen Beziehungskonstellationen die Beobachtung 2. Ordnung nutzt, ermöglicht es, Ausgeblendetes zur Sprache zu bringen. So kann auf der einen Seite beleuchtet werden, auf welche Weise Klient*innen ihren Sinn darin finden, Beziehungen genau so zu gestalten, wie sie es tun. Auf der anderen Seite können Therapeut*innen sich selbst darüber aufklären, wie ihre Konstruktionen von Liebe, Beziehung, Sexualität und Partner*innenschaft das Erleben der Klient*innen im beraterischen Setting zu einem Problem oder einer Lösung werden lassen. Im besten Fall gelingt die beraterische oder therapeutische Beziehung, in der die Beteiligten gemeinsam dem ethischen Imperativ des Konstruktivisten Heinz von Foerster folgen, nach dem es darum geht, stets so zu handeln, dass die Anzahl der Wahlmöglichkeiten größer wird.
Diana Böhme, Markus Chmielorz, Leonie Henning,
Fachgruppe Paar- und Sexualberatung der DGSF
Literaturempfehlungen und Linktipps
Standards der Beratung und Psychotherapie mit LSBTIQA*-Personen Empfehlungen zur Beratung und Psychotherapie mit LSBTIQA*-Personen und entsprechende Fortbildungen finden sich bei Fachverbänden, wie z. B. dem VLSP (Verband für lesbische, schwule, bisexuelle, trans*, intersexuelle und queere Menschen in der Psychologie), dem Bundesverband Trans*
(www.bundesverband-trans.de/publikationen) oder der Internationalen Vereinigung Intergeschlechtlicher Menschen – OII Germany e. V. (www.oiigermany.org/materialien).
Fachbücher für Beratende und Psychotherapeut*innen
Genkova, P./Ringeisen, T. (Hrsg.) (2016). Handbuch Diversity Kompetenz. Band 2: Gegenstandsbereiche. Heidelberg: Springer Verlag
Gold, I./Weinberg, E./Rohr, D, (2021). Das hat ja was mit mir zu tun!? Macht- und rassismuskritische Perspektiven für Beratung, Therapie und Supervision. Heidelberg: Carl-Auer-Verlag.
Rösler, C./Bröning, S. (Hrsg.) (2024). Paarbeziehung im 21. Jahrhundert. Psychosoziale Entwicklungen und Spannungsfelder. Stuttgart: Kohlhammer Verlag.
Schigl, B. (2018). Psychotherapie und Gender. Konzepte. Forschung. Praxis. Welche Rolle spielt die Geschlechtszugehörigkeit im therapeutischen Prozess? Heidelberg: Springer Verlag.
Steger, F./Brunner. J. (Hrsg.) (2020). Ethik in der psychotherapeutischen Praxis. Integrativ – fallorientiert – werteplural.
Stuttgart: Kohlhammer Verlag.
Wolf, G./Bos, S. (Hrsg.) (2023). Geschlechter und Sexualitäten. In: Psychotherapie und Beratung. Einführungsband. Münster: editition assemblage.
Für die Arbeit mit kink-Klient*innen
Wolf, G. (Hrsg.) (2023). BDSM und Psychotherapie. Eine Hand- reichung auf dem Weg zum kinkrespektvollen Arbeiten. Müns- ter: edition assemblage. Für die Arbeit mit Geflüchteten Falch, B. (2020). Queer Refugees. Sexuelle Identität und repressi- ve Heteronormativität als Fluchtgrund. Wiesbaden: Springer Fachmedien. Systemische affirmative Ansätze für die Unterstützung von trans* Personen
Für die Arbeit mit Trans* Personen
Grubner, A. (2014). Geschlecht therapieren. Andere Erzählungen im Kontext narrativer systemischer Therapie. Heidelberg: Carl Auer.
Günther, M./Teren, K./Wolf, G. (2021). Psychotherapeutische Arbeit mit trans* Personen. Handbuch für die Gesundheitsversorgung. München: Ernst Reinhardt Verlag.
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